Zivildienst ist bereit für Corona

Innert weniger Wochen könnten tausende Zivildienstleistende mit Erfahrung in der Pflege und Betreuung von Menschen in mehrmonatige Einsätze gebracht werden. Warum hört man davon nichts?

An der Medienkonferenz vom Montagabend, 16. März 2020, hat der Bundesrat die «ausserordentliche Lage» ausgerufen und angekündigt, bis zu 8000 Armeeangehörige zu mobilisieren. Es stellt sich allerdings die Frage: Wo bleibt der Zivildienst? Die Voraussetzungen seitens des Bundesamt für Zivildienst (ZIVI) sind gegeben. ZIVI ist ständiges Mitglied im Bundesstab Bevölkerungsschutz (BSTB) und hat Einsitz im zivilen Ressourcenmanagement Bund (ResMaB) des Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS). ZIVI ist in der Lage, innert weniger Wochen tausende qualifizierte Zivis in den Einsatz zu bringen. Katastrophen und Notlagen sind einer seiner Tätigkeitsbereiche (Artikel 4 ZDG). Die aktuelle Pandemie ist eine solche Notlage. Der Zivildienst verfügt über tausende Zivildienstleistende, die nicht nur über eine bis zu dreiwöchige Ausbildung in der Pflege und Betreuung von Menschen, sondern auch über Erfahrung aus monatelangen Einsätzen in Spitälern und Heimen verfügen.

Rasche Einteilung möglich
Selbst in der «normalen Lage» verfügt das Bundesamt für Zivildienst ZIVI im Falle einer Pandemie über weitgehende Befugnisse, Zivildienstleistende innert kurzer Frist aufzubieten oder aus laufenden Einsätzen heraus umzuteilen (Art. 7a ZDG und mehrere Artikel der ZDV). Je nach Dauer des Einsatzes beträgt die Frist 7 bis 14 Tage für Umteilungen bzw. 14 bis 30 Tage für Aufgebote. Zudem kann das ZIVI Zivildienstleistende zu freiwilligen Einsätzen aufrufen.

In Österreich haben sich auf einen solchen Aufruf hin innert kurzer Zeit rund tausend ehemalige Zivildienstleistende gemeldet. Diese können im Rahmen der verfügten Restdiensttage monatelange Einsätze leisten.

Gesundheitswesen entlasten
Nun hat der Bundesrat am Montag, 16. März, die «ausserordentliche Lage» ausgerufen. In diesem Fall kann der Bundesrat «ausserordentliche Zivildienstleistungen» anordnen (Artikel 14 ZDG). Die Rahmenbedingungen entsprechen denjenigen für Assistenz- oder Aktivdienst der Armeeangehörigen. Insbesondere kann die Anzahl der verfügten Zivildiensttage überschritten und die Entlassung später verfügt werden.

Der Bundesrat will mit den Armeeangehörigen in erster Linie das Gesundheitswesen «mit sanitätsdienstlichen Leistungen unterstützen, insbesondere mit Pflege, Patientenüberwachung, sanitätsdienstlichen Transporten oder Spitallogistik (z. B. Bettendesinfektion, Küche, Wäscherei, Reinigung)». An zweiter Stelle kommen «logistische Aufgaben», an dritter Stelle kommt die Unterstützung im Sicherheitsbereich. Für die sanitätsdienstlichen Leistungen sind Zivildienstleistende zweifellos mindestens so geeignet wie Armeeangehörige; und vermutlich könnten sie auch für einen Teil der logistischen Aufgaben eingesetzt werden.

Mehr Zivis zur Verfügung stellen
Zivildienstleistende nur komplementär und subsidiär zu den Ersteinsatzorganisationen bzw. zu den Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes in den Einsatz zu bringen ist gerechtfertigt in Katastrophen ohne Vorwarnzeit, nicht jedoch in einer Notlage wie der aktuellen Pandemie, auf die man sich während Wochen vorbereiten kann und zur Wahrnehmung von Aufgaben, für die der Zivildienst mindestens ebenso geeignet ist. Immerhin: An der Medienkonferenz vom 21. März hat Christoph Hartmann, Leiter des Bundesamts für Zivildienst, mitgeteilt, wo bereits ordentliche Zivildiensteinsätze in Spitälern, Heimen und Gesundheitseinrichtungen geleistet werden. Weiter sollen zusätzliche Zivildienstleistende zur Verfügung stehen. Aus Sicht des Schweizerischen Zivildienstverbands CIVIVA ist dieses Vorgehen jedoch zu passiv. Neben der Armee und dem Zivilschutz soll und kann auch der Zivildienst einen bedeutenden Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise beitragen.

Nicola Goepfert, CIVIVA-Geschäftsführer