NR beschliesst Frontalangriff auf den Zivildienst

An seiner Sitzung vom 18. Juni hat der Nationalrat die Revision des Zivildienstgesetzes be-schlossen. Diese Revision schwächt den Zivildienst, ohne die Armee zu stärken. Die Armee hat gar kein Bestandesproblem und die aktuelle Tatbeweislösung ist verfassungskonform. Die Revision verstösst gegen Verfassung und Völkerrecht. Der Schweizerische Zivildienst-verband CIVIVA lehnt die Vorlage ab und wird das Referendum ergreifen, falls der Ständerat dem Nationalrat folgen sollte.

Der Bundesrat will mit sechs Massnahmen die Zulassungen zum Zivildienst um 40% senken. Das ginge auf Kosten der Dienstleistungen des Zivildienstes: in der Betreuung und Pflege von Menschen, in Schulen, in Umwelt- und Naturschutz, in Land- und Alpwirtschaft. Es ginge auch auf Kosten der (zivilen) Sicherheitspolitik, in deren Rahmen der Zivildienst Einsätze während der Corona-Pandemie und bei der Betreuung von Flüchtlingen aus der Ukraine in Bundesasylzentren geleistet hat. Die Armeebestände würden damit jedoch nicht gestärkt. Denn diejenigen, die sich vom Zivildienst abschrecken liessen, würden den blauen Weg der medizinischen Ausmusterung wählen – oder sie würden in der Armee demotiviert den Betrieb stören. Ständerat Fabien Fivaz, Co-Präsident von CIVIVA, folgert: «Diese Revision beschädigt den Zivildienst, ohne die Armee zu stärken; sie schwächt die Dienstgerechtigkeit, weil insgesamt weniger Pflichtige einen persönlichen Dienst in Armee und Zivildienst leisten würden.»

Beide Argumente für die ZDG-Revision sind widerlegt. Erstens: Die Armee hat kein Bestandesproblem. Laut Bundesrat genügen zur Alimentierung der Armee jährlich 25'000 Dienstpflichtige. Bei der aktuellen Tauglichkeitsrate von 72% wird dieses Ziel bereits mit 35'000 Schweizern pro Jahr erreicht. Gemäss Bundesamt für Statistik ist aber mit 37'000 bis 40'000 20-jährigen Schweizer Männern zu rechnen. Deshalb prognostiziert der Bundesrat, dass die Armee in den 30er-Jahren kontinuierlich wachsen wird. Die ZDG-Revision lenkt von den wahren Herausforderungen der Armee ab. – Zweitens: Die aktuelle Tatbeweislösung ist verfassungskonform. Es besteht keine Wahlfreiheit zwischen Militär- und Zivildienst. Die Abschreckung vom Zivildienst würde einerseits die freie Wahl des blauen Wegs befeuern. Andererseits träfe sie die Falschen: junge Menschen mit Gewissenskonflikt, die den höheren Preis in Kauf nehmen würden, um sich für ihr Land zu engagieren.

Es besteht kein Handlungsbedarf. Die ZDG-Revision verstösst deshalb gegen Verfassung und Völkerrecht. Sie verstösst gegen die Prinzipien der Verhältnismässigkeit, der Rechtsgleichheit und teilweise sogar gegen das Recht, aus Gewissensgründen zivilen Ersatzdienst zu leisten. CIVIVA Co-Präsidentin und Nationalrätin Priska Seiler Graf zweifelt daran, dass die Vorlage vor dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standhielte: «Die verlangte Mindestzahl von 150 Diensttagen führt dazu, dass Dienstpflichtige bis zu 150-mal länger Zivildienst leisten müssen als Militärdienst. Das verstösst gegen das Diskriminierungsverbot. Das Bundesamt für Justiz hat recht mit seiner ursprünglichen Einschätzung: ‹Völkerrechtlich höchst bedenklich. ›»

Der Ständerat muss dringend korrigierend eingreifen und diesen massiven Angriff auf den Zivildienst beenden. Andernfalls wird CIVIVA das Referendum ergreifen.

Unser Argumentarium gegen die ZDG-Revision.