Zivi geworden nach der Armee – na und?

Andreas Mörker und Xavier Bengoa wurden nach Armee-Erfahrungen Zivildienstleistende. Hier berichten sie, warum.

Andreas Mörker, Ex-Soldat und Zivi.

«Ich bin ausgehobener Sanitätssoldat/C1-Fahrer mit RS im Tessin. Mein Ziel war es, Med Of zu werden, da das für mich als angehender Mediziner von Vorteil sei. Also besuchte ich die Anwärterschule und anschliessend die Offiziersschule, um als Zugführer die ersten WK zu bestreiten, bevor ich in den Med-Of-Pool wechseln würde. Leider wurde aus der Medizinerkarriere nichts und ich blieb Zugführer. Meine Erfahrungen in der Armee sind nicht pauschal negativ. Mein Grund für einen Wechsel zum Zivi nach vier bestrittenen Wiederholungskursen war die oft teilweise Sinnlosigkeit von Aufgaben und die chaotische Organisation der WK. ‹Ist so, weil ist so› ist leider oftmals auch heute noch das Credo. Als Zugführer hatte ich während vier Wochen im Jahr jeweils nur Ärger und Frust aufgrund (unfähiger) Berufsoffiziere und unnötiger Beübung der Milizkader. Ein tragischer Unfall, welcher in meinen Augen auf Führungsfehler zurückzuführen war, war dann ausschlaggebend für den definitiven Wechsel in den Zivildienst.

Das Argument, dass der Zivildienst viel einfacher oder angenehmer sei, finde ich, zählt nicht. Nach einem Arbeitstag im Bereich Naturschutz bin ich mindestens so kaputt, wie wenn ich den ganzen Tag Gewehr und Vollpackung durch die Gegend getragen habe, weil das eben nötig und Teil der Ausbildung ist, oder nach einem Marsch. Die viele tote Zeit als Soldat im WK sehe ich viel unnützer und angenehmer, als in einem Hang Holzarbeiten durchzuführen. Zusätzlich habe ich aber im Zivi einen Effekt für die Gesellschaft bewirkt!

Kollegialität und Diversität findet man auch im Zivi. Die oft romantisch umschriebene Kameradschaft entwickelt sich ebenso im Zivildienst. Für mich überwiegen die Vorteile des Zivildiensts, da ich eine persönliche Planungsfreiheit habe und den Einsatz meinen Interessen entsprechend gestalten kann. Der Zivi stand nie im Konflikt mit meinem Studium, was alles wesentlich unkomplizierter gestaltete. Der Bundesrat muss nicht überlegen, wie der Zivildienst unattraktiver gemacht werden, sondern wie die Armee attraktiver gestaltet werden kann!»

 

Xaxier Bengoa, Ex-Soldat und Zivi.

«Schon als Teenager konnte ich mich nie für das Militär begeistern, weil ich den Sinn dieser Armee nicht verstand, deren Aufgabengebiet und Aufbau mir veraltet schienen. Ich war mir aber meiner Bürgerpflicht sehr bewusst und entschied mich deshalb im Frühjahr 2001, die Rekrutenschule zu absolvieren, um meine Vorurteile zu überprüfen und einen objektiven Eindruck des Militärdienstes zu erhalten.

An meinem 18. Geburtstag ging ich nach Bern, um die Uniform der Unterstützungstruppen entgegenzunehmen und sie als Teil einer zweisprachigen Kompanie zu tragen, die in Alterswil (FR) stationiert war. Dort habe ich unterschiedlichste Menschen getroffen, was ihre Sprache, soziale Herkunft und politische Einstellung betrifft. Ich habe gelernt, in einer Gemeinschaft zu leben und meine persönlichen Grenzen zu überschreiten. Ich entdeckte auch eine weit verbreitete Verachtung für die Schwachen, ein obsessives Streben nach hierarchischer Macht und vor allem eine absolute Ablehnung des kritischen Denkens. Introspektion und Dialog waren fehl am Platz. Mit der Zeit fühlte ich mich meinen Werten und meiner Persönlichkeit beraubt und wurde davon getrieben, mich in eine Form einzufügen, die nicht zu mir passte, um den Kopf über Wasser zu halten. Der Druck, den meine Vorgesetzten auf mich ausübten, hat mich überzeugt, dass diese Armee nicht für mich gemacht wurde. Diese Gründe haben dazu geführt, dass ich mich nach der RS entschloss, den Militärdienst zu verweigern und ein Zivildienstgesuch einzureichen, um meine Dienstpflicht weiterhin zu erfüllen. Diese Entscheidung hat sich als wichtiger Schritt in meinem Leben erwiesen. Ich habe im Zivildienst Engagement und Solidarität erlebt, die ich nicht kannte, wurde mit einer Welt konfrontiert, die mir unbekannt war – die Welt von Menschen mit Behinderungen – aber dieses Mal mit dem Gefühl, gehört, anerkannt und gebraucht zu werden. Ich musste wieder über mich hinauswachsen und meine ganze Energie, aber auch mein Herz einsetzen, was meiner Meinung nach das Schönste ist, was eine Person ihren Mitmenschen entgegenbringen kann. Ich konnte es nicht gleichgültig hinnehmen, als ich erfuhr, dass der Bundesrat erwägt, den Zugang zum Zivildienst für Männer und Frauen mit abgeschlossener Rekrutenschule einzuschränken. Ich sehe darin ein Missverständnis der Herausforderungen und Motive, die viele junge Menschen dazu bewegen, die Spur zu wechseln, nachdem sie den Militärdienst ausprobiert haben. Ich wünsche mir, dass mein Beispiel gehört wird und es bei denen ankommt, die keine Gelegenheit oder Möglichkeit hatten, Zivildienst zu leisten.»