Eine Revision, die der Wirtschaft, den Zivis und der ganzen Gesellschaft schadet

Medienmitteilung anlässlich der Pressekonferenz vom 9.7.18 vom Schweizerischen Zivildienstverband CIVIVA, von Männer.ch, von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände SAJV und vom Verein Konkret.

Der Schweizerische Zivildienstverband CIVIVA, die Organisation Männer.ch, die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände SAJV, der Verein Konkret und zwei ehemalige Soldaten, die Zivildienstleistende wurden, hielten heute eine Pressekonferenz ab, um die geplante Revision des Zivildienstgesetztes ZDG anzuprangern, deren Konsultation der Bundesrat am 20. Juni 2018 eröffnete. Dieses Projekt schadet der Wirtschaft, den Zivildienstleistenden und der ganzen Gesellschaft. Es gefährdet die Gleichheit betreffend Dienstpflicht und muss resolut zurückgewiesen werden. CIVIVA wird ein Referendum lancieren, falls das Projekt nicht tiefgreifend verbessert wird.

Schon heute werden Zivildienstleistende gegenüber dem Militärdienst diskriminiert, dies vor allem aufgrund der eineinhalbmal längeren Dienstpflicht – das verletzt die Wehrgerechtigkeit. Der Zivildienst leistet einen wichtigen Beitrag in zahlreichen Bereichen der Gesellschaft, etwa im sozialen Bereich oder im Naturschutz. Eine grosse Zahl von Einsatzbetrieben könnte ohne Zivildienstleistende nicht existieren. «Die SAJV kann mit ihren begrenzten Mitteln nur wenige Arbeitsplätze schaffen und ist daher auf die Zivildienstleistenden angewiesen», stellt SAJV-Geschäftsleiter Andreas Tschöpe fest. Der Zivildienst stellt in solchen Fällen notwendige Arbeitskräfte zur Verfügung, die dank klar definierter Regeln nicht mit dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz treten.

Die in die Vernehmlassung gegebene ZDG-Revision verschärft die Diskriminierung der Zivildienstleistenden, indem sie den Zugang zum Zivildienst für Dienstpflichtige, die die RS absolviert haben, gezielt einschränkt. Künftig müssen mindestens 150 Zivildiensttage geleistet werden, unabhängig von den noch verbleibenden Diensttagen im Militär. Demzufolge kommt Soldaten ein Wechsel in den Zivildienst mit jedem absolvierten WK «teurer» zu stehen. Das verschärft sich durch die geplante Wartefrist von 12 Monaten. Während dieser Frist müssen Gesuchsteller weiter ihren Armeepflichten nachkommen, ohne Rücksicht auf den drängenden Gewissenskonflikt.

Die an der Pressekonferenz anwesenden Zivildienstleistenden, die ihre RS beendeten, ehe sie in den Zivildienst wechselten, erklären ihre Entscheidung damit, wie wenig Sinn sie im Militärdienst sahen und mit dem Zwang, ihre Persönlichkeit zu verleugnen, um sich in eine Form giessen zu lassen. Für sie ist der Tagesablauf eines Zivildienstleistenden mindestens so erschöpfend wie der eines Soldaten: das Tragen eines Marschgepäcks und die Arbeit im Wald unterscheiden sich gewiss voneinander, sind jedoch genau gleich anstrengend. «Ausserdem haben wir einen direkten Einfluss auf die Gesellschaft», sagt der ehemalige Milizoffizier Andreas Mörker. «Ich musste hier über mich hinauswachsen und meine Energie und mein Herz reinbringen, was meiner Meinung nach das schönste Engagement ist, das ein Individuum seinen Mitmenschen beweisen kann», ergänzt Xavier Bengoa.

De facto konzentriert sich der Bundesrat ganz auf die Perspektive der Armee, ohne den essenziellen Beitrag, den die Zivildienstleistenden an die Gesellschaft leisten oder deren grosse Motivation, ihren Dienst auch tatsächlich zu Ende zu leisten, zu berücksichtigen. Den Zivildienst weniger attraktiv zu machen wird folglich die Attraktivität der Armee nicht erhöhen – es ist eine zum Scheitern verurteilte Strategie.

Rosmarie Quadranti, CIVIVA-Vorstandsmitglied und Nationalrätin, diente im militärischen Frauendienst und plädiert dennoch für eine Gesetzesrevision, die in die entgegengesetzte Richtung geht. «Da in den durch den Zivildienst betroffenen gesellschaftlichen Feldern die Menge der zu erledigenden Aufgaben wegen der demografischen Entwicklung steigen wird, müssen die Frauen ebenfalls für den Zivildienst zugelassen werden», ist sie überzeugt.

Obschon sich die Gesellschaft sehr fest weiterentwickelt hat, basiert die Armee noch immer auf sozialen Männlichkeitsnormen, die völlig überholt sind: die Vorstellung eines starken Mannes, der das Land verteidigt, hat nichts mehr mit der Realität zu tun. Heutzutage drängt es viele Männer danach, der Allgemeinheit auf friedfertige Weise einen Dienst zu leisten. Gewisse Politikerinnen und Politiker versuchen diesen Dienst zu diskreditieren, anstatt von dem enormen Potenzial zu profitieren, das von dieser Form des Engagements ausgeht.

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